Rezension 'Xiaolu Guo: Es war einmal im fernen Osten'
- Cara Read
- 18. Aug. 2018
- 2 Min. Lesezeit
>> Es ist kein einfacher Start ins Leben: Gleich nach der Geburt geben die Eltern, glühende Anhänger Maos, ihre Tochter Xiaolu in die Obhut eines armen Bauernpaares. Zwei Jahre später landet die halbverhungerte Kleine bei den Großeltern in einem Fischernest a Ostchinesischen Meer. Ein Jahr später stirbt der 'Große Vorsitzende', und in China beginnt ein dramatischer gesellschaftlicher Wandel, der Xiaolu Guo die Möglichkeit eröffnet, als Autorin und Filmemacherin zwischen den Welten zu leben. <<
(Klappentext)

Dieses Buch ist die erste Autobiografie, die ich gelesen habe. Die Autorin, Xiaolu Guo, erzählt über das China ihrer Kindheit, in dem sie in einfachen, ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist.
Das Buch ist unterteilt in fünf Abschnitte. Die ersten vier behandeln jeweils einen Abschnitt ihres Lebens, der in unterschiedlichen Städten stattfindet (Shitang, Wenling, Peking, Europa); in dem fünften Abschnitt zieht sie ein Resümee über ihr Leben, wie es bisher verlaufen ist.
Jeder Abschnitt beinhaltet zudem kurze Kapitel, die entweder bestimmte Situationen oder Geschichten beschreiben, die sie erfahren hat und die ihr Leben geprägt haben.
Xiaolu Guo beschreibt ihre Kindheit ohne irgendwelche Beschönigungen. Man erfährt detailliert die Beziehungen zu ihren Familienmitgliedern und verschiedenen Mitgliedern der Gesellschaft. Sie beschreibt ihre Herkunft und die damalige chinesische Kultur, in die es, da sie sich grundlegend von der heutigen europäischen unterscheidet, besonders interessant war, einzutauchen.
Ihr Werdegang von einem ungeliebten, kleinen Mädchen aus einem winzigen Fischerdorf in Chinas zu einer erfolgreichen Autorin in Europa ist faszinierend. Die Ereignisse, die ihr Leben prägten sind ebenso informativ wie erschreckend.
Nie hätte ich mir so ein ländliches Leben ohne Strom, Geld oder richtiges Essen vorstellen können. Schon gar nicht in einem 30 Jahre später so fortschrittlichen Land wie China. Ich selber bin ein 90er Jahre Kind, trotzdem waren mir die Differenzen zwischen dem, was man von China erwartet und dem, wie es offenbar wirklich ist, nicht bewusst.
Besonders erschreckend fand ich, neben der in ihrer Autobiographie beschriebenen, anhaltenden Armut, vor allem das Verhalten der Männer gegenüber der Frauen. Vor einigen Jahrzehnten fand offenbar noch eine solche Objektivierung der Frau und eine starre Ausrichtung des Rollenverständnisses statt, dass ich mir nicht sicher bin, ob es sich heute wirklich vollständig geändert haben kann. (Ich rede hier von Schlägen und Vergewaltigungen, die als völlig normal empfunden worden sind und deswegen auch jede Frau und jedes Mädchen zu ereilen schienen.)
Mir persönlich haben die ersten zwei Abschnitte, ihre Kindheit in dem kulturellen, armen China, deutlich besser gefallen als ihr Erwachsenwerden und ihre Selbstfindung an der Universität und später in Europa. Natürlich sind dies natürliche Prozesse, die zu ihrem Leben gehören und deswegen in einer Autobiografie auch erwähnt werden müssen. Mich persönlich haben die Erzählungen über eine mir absolut fremde Welt dennoch mehr geboten. Gerne hätte ich hiervon noch viel mehr erfahren.
Dieses Buch ist eine gute Möglichkeit um sich mit einer fremden Kultur auseinanderzusetzen und Einblicke zu bekommen in eine Kindheit, die so von Schrecken geplagt zu sein schien, dass es schwer fällt, sich vorzustellen, dass Xiaolu Guo in der Lage war dieser zu entkommen und es in ihrem Leben so weit zu bringen.
Sterne 4/5




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