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Rezension 'Judi Piccoult: Kleine grosse Schritte'


>> Als ein Neugeborenes nach einem Routineeingriff im Krankenhaus stirbt, scheint schnell klar zu sein, wer daran schuld ist. Die dunkelhäutige Säuglingsschwester, der untersagt war, das Baby anzufassen. Es folgt ein nervenaufreibendes Verfahren, das vor allem eines offenbart: den alltäglichen Rassismus, der in unserer modernen westlichen Welt noch lange nicht überwunden ist... <<

(Klappentext)



Verlag: C. Bertelsmann - Seitenzahl: 577 - Preis Hardcover: 20,-

Ruth Jefferson arbeitet seit 20 Jahren als Hebamme und Säuglingsschwester im Mercy-West Haven Hospital. Einer ihrer Patienten ist Davis Bauer, der Sohn von Rechtsradikalen, die der Afroamerikanerin die Behandlung des Babys verbieten. Bei dem kleinen Davis wird ein Routineeingriff vorgenommen, Ruth ist zum Zeitpunkt der Nachsorge alleine auf Station als das Baby Atemnot bekommt. Sie gerät in ein moralisches Dilemma. Es ist ihr untersagt das Baby zu versorgen oder es auch nur anzufassen, aber wenn sie nichts unternimmt, wird es vermutlich sterben. Trotz ihres Eingreifens stirbt das Baby. Der Vater gibt Ruth die Schuld an seinem Tod, verklagt sie und es kommt zu einem nervenaufreibenden Verfahren.


Das Buch zeigt vor allem eines deutlich: Rassismus ist noch immer ein alltägliches Thema, auch wenn er sich vielleicht nicht immer offensichtlich zeigt. In dem heutigen Amerika, in dem der Roman spielt, gibt es nach wie vor die Kluft zwischen der weißen und schwarzen Bevölkerung. Gleichheit und soziale Gerechtigkeit funktionieren nur auf dem Papier; Es sind vor allem die 'versteckten Rassisten', die dafür sorgen. Die Menschen, die sich selber nicht bewusst sind, dass sie rassistisch denken und die in ihrem Alltag verdrängen, dass es so etwas überhaupt gibt; die Menschen, die überkompensieren und sich so lange als weltoffen und unvoreingenommen beschreiben, bis man sie direkt mit der Nase auf ihr eigenes Verhalten stößt.

Diese Menschen gibt es in jeder Gesellschaft, nicht nur in Amerika. Jeder ist behaftet mit Vorurteilen unterschiedlichster Art und es fällt schwer aus den erlernten Denkmustern auszubrechen und sich selber zu reflektieren.

Piccoult geht es vor allem darum in ihrem Buch diesen alltäglichen Rassismus zu projektieren und den Menschen zu spiegeln.


Ruth Jefferson ist eine sympathische, hart arbeitende Single-Mom, die in ihrem Leben einen schweren Weg gegangen ist und alles tut um ihrem Sohn ein gutes, vorurteilsfreies Leben zu geben. Sie sorgt sich sehr um ihn und bemüht sich, ihn und sich selber in die 'weiße' Gesellschaft zu integrieren.

Die Klage, die wie aus dem Nichts auf sie zukommt, droht dabei ihre gesamte Existenz zu zerstören; Zuerst ihren Job, dann ihren Sohn, zuletzt ihre Freiheit. Mit Kennedy hat sie eine Strafverteidigerin gefunden, die - obwohl sie noch nicht sonderlich erfahren ist - alles daran setzt, Ruth zu helfen.


Der Roman ist flüssig geschrieben. Es fällt wirklich leicht ihn zu lesen und ich wollte ihn eigentlich gar nicht mehr aus der Hand legen. Die unterschiedlichen Betrachtungsweisen - es wird in dem Roman zwischen den Sichten von Strafverteidigerin, Angeklagter und Kläger gewechselt - zeigen die Vorgeschichten der verschiedenen Personen, aber auch ihre Rollen in der Gesellschaft ziemlich gut. Ruth als Angeklagte, nimmt die Rolle der Diskriminierten ein. Jeden Tag muss sie in ihrem Alltag mit kleinen Einschränkungen leben, die ihr nur aufgrund ihrer Hautfarbe auferlegt werden. Turk Bauer als Kläger ist bekennender Rechtsradikaler. Er macht weder aus seiner Einstellung noch aus seiner Abneigung gegenüber dunkelhäutigen Menschen ein Geheimnis und zeugt somit von offenem Rassismus. Kennedy als Strafverteidigerin ist dagegen ein gutes Beispiel für den versteckten Rassismus. Sie selber ist keine Rassistin, muss im Laufe des Buches aber ihre Ansichten überdenken und ihr werden auf die ein oder andere Art die Augen geöffnet.


Es war wirklich interessant die verschiedenen Perspektiven, die Piccoult dargelegt hat, zu lesen. Das Gerichtsverfahren beinhaltet so viel mehr als eine bloße Verurteilung wegen angeblichen Mordes. Das ganze Verfahren ist von Piccoult anschaulich und äußerst präzise beschrieben worden.

Mir persönlich hat es sehr gut gefallen. Ich habe das Buch verschlungen; Ich hätte vom Klappentext her nicht erwartet, dass es mir so gut gefallen würde.


Sterne 5/5

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